Waldbaden ist in.
Es gibt inzwischen zahlreiche
Bücher darüber, Events, Internetseiten.
Im Grunde gibt es das Waldbaden
schon seit ewigen Zeiten. Aber vielleicht muss es heute mehr denn je ins
Bewusstsein rücken, da wir uns doch viel zu selten in diesem heilenden Umfeld
aufhalten.
Heute nehme ich Dich mit zu einem
solchen Waldbad. Es war mein ganz eigenes, was nicht heißt, dass es nicht
teilbar wäre. Teilbar im Sinne von:
Los, nun Du. Geh auch Du in den Wald
und erlebe ihn auf Deine ganz spezifische Weise. Erinnere Dich an meine hier
beschriebenen Erlebnisse und fühle sie nach. Auf Deine Art. Und komm gerne
wieder und erzähl mir von Deinen skurrilen Entdeckungen.
Meine Mailadresse steht in meinem Profil.
Ich gehe los, lasse den Verstand sich
immer mehr zurückziehen. An seiner Stelle öffne ich mein Herz, den Ort, an dem
sich meine Gefühle entwickeln. Der Verstand darf weiterhin denken, aber in
Fühlkategorien:
Zuerst gehe ich dazu in den
Stillemodus … das Universum darf sich in meiner Stille ausbreiten. Leise summe
ich ein …
Dann gehe ich weiter, öffne meine
Sinne ganz dem Raum, in dem ich mich bewege. Kein Urteil trübt mein Sehen. Ich überlasse mich ganz meiner
schöpferischen Kreativität … und … da! Ein Tier!
Es schleicht im Licht der
untergehenden Sonne müde auf dem Waldboden entlang. Wäre ich an einem Flussufer
entlanggegangen und hätte es im Wasser schwimmen sehen, hätte ich vermutlich
das Weite gesucht. Aber so … harmlos!
Es entfernt sich. Vielleicht gut
so – wer weiß? Können Waldkrokodile Coronaträger sein? Darüber kann man in den
Medien nichts erfahren. Oder doch?
Coronavirus
könnte von Schlangen stammen, lese
ich.
Echsen sind doch davon gar nicht so weit entfernt. Sind nicht beide
Schuppentiere? Lieber nicht drüber nachdenken, weitergehen.
Ich spreche wieder ein OMMMM … lächelnd
… nichts mehr denkend. In offener Erwartungshaltung. Was mag ich als Nächstes
entdecken?
Erschrocken zucke ich zusammen, denn
mein Blick ist beim Nachflöten einer Singdrosselmelodie, die ich von schräg links über
mir aus einem Baum höre, in den Himmel gezogen. Huuuuuuh! Dass es hier in Lippe so gefährliche
steinharte Flugdrachen gibt, war mir bisher nicht bekannt. Aber man lernt ja immer
noch dazu …
Elegant schweben sie am Himmel
entlang. Wie kann das gehen?
Nun ja, das Leben in den Zeiten
des Corona stellt halt alles auf den Kopf.
Da können Steine schweben
und als Drachen leben.
Da bin ich doch froh, dass ich
noch auf dem Kopf stehen und die ungefährlichere Variante erfinden kann!
Ein Baum stellt sich mir in den
Weg. Er muss mal … schnell laufe ich davon. Die Welt auf dem Kopf. Wo sonst
Hunde Bäume anpinkeln … (da schweigt jetzt des Dichters Höflichkeit und
verpieselt sich). Schräg, oder?
Der Waldspaziergang macht mir
immer mehr Spaß. Ich kann gar nicht genug bekommen. Was werde ich noch erleben?
Meine Glücksgefühle sind kaum noch steigerungsfähig. So viel Neues! So Unglaubliches!
Ich fühle mich wie Alice im Wunderland.
Ein leichter Drehschwindel
bemächtigt sich meines Gleichgewichtorgans. Ich lasse es geschehen. Merkwürdige
Gestalten hängen vom Himmel herunter und laden zum Schaukeln ein. Eine Doppelschaukel?
Für verliebte Paare? Sie machen einen trügerischen Eindruck, lieber gehe ich
weiter.
Mein Schatz sinniert derweil über
die Kraft, die Bäumen innewohnt. Müsste er so schräg ausharren wie sie, diese
holzigen Gesellen, dann … oje!
Wie lange noch …? Erlöse mich von
diesen Muskelqualen!
Wir gehen weiter, halten immer
etwas Abstand. Fühlen uns gesund, aber niemand weiß nichts Genaues. Ob Bäume
auch besser Abstand halten sollten? Nun ja, vielleicht sind sie immun gegen das
Virus, schließlich haben sie schon CORONEN. Also, dann habt euch einfach lieb –
beneidenswert, oder?
Bevor wir den Wald verlassen,
erscheint auf der rechten Seite wieder ein großes Tier. Unheimlich ist sein
Blick. Lauert es auf fressbare Opfer?
Plötzlich erkenne ich, dass das
Gatter um das gefährliche Ungetüm defekt ist. Es steht an mehreren Seiten
offen. Wo ist denn der Waldzoowärter hin? Das Leben in den Zeiten des Corona
hat’s wirklich in sich! Vermutlich lebt er – wie viele andere zur Zeit – in Quarantäne.
Hilfeeeeee!
Ich renne und renne …
Ruuuuuuuhiiiiiiiiig! ruft da eine ferne Stimme.
Ich horche. Sie
kommt aus meinem Herzen. Sie wird lauter.
Du bist niemals in Gefahr, wenn du auf mich hörst, sagt die Stimme.
Ich verlangsame meine Schritte.
Die Stimme sagt: Typisch Mensch! Schon
wieder hast du den wichtigen Ton vergessen …
Erschöpft lasse ich mich auf eine
Bank am Wegesrand fallen. Ich atme tief durch … langsam beruhige ich mich, als
ich plötzlich im Boden unter meinen Füßen ein feines Zittern, dann ein
zunehmend bedrohliches Rumpeln spüre. Was ist das?
Ängstlich schaue ich nach links,
dann nach rechts … o Gott!
In Todesangst springe ich auf.
Holz! Holz! Holz!!!
Ich renne weg und schaue mir aus
sicherer Entfernung an, wie die Bank unter den holzigen Riesen begraben wird.
Ich aber stehe heil davor und spreche ein Stoßgebet zum Himmel, der mir die
Gabe des Fühlens und des Hörens geschenkt hat und mich damit vor der drohenden
Gefahr bewahrt hat.
Am Parkplatz angekommen, wo unser
Auto steht, spreche ich noch einmal ein universelles
setze mich ins Auto, fahre zurück
nach Hause in die coronafreie Zone, wo ich euch mit Balken biegenden Lügen
animiere, nun selbst loszuziehen und weitere Balken zu biegen.
Ich hoffe, mein erster
Waldspaziergang hat Euch Spaß gemacht.
Bis bald!
Beim nächsten Mal wird ehrlich gehört. Ehrlich!
Schöne Geschichte. Wie immer, wenn du sie schreibst.
AntwortenLöschen